Dienstag, 24. Juli 2012

[Rezension] Zeiten der Hoffnung - von Karsten Flohr








Nachdem ich erst vor Kurzem endlich ein Buch über die Geschehnisse des Ersten Weltkrieges gelesen habe, habe ich mich natürlich auch auf dieses Werk gefreut, vorallem, weil die Parallelen anfangs unglaublich waren und ich Literaturvergleiche als ehemalige Germanistin ja sowieso über alles mag, entschloss ich mich kurzerhand bei einer Leserunde auf lovelybooks.de mitzumachen. Dass ich doch ziemlich enttäuscht werde in einigen Hinsichten, dachte ich mir bei den ersten Kapiteln dieses Romans noch nicht.

Der Einstieg war wirklich brilliant und machte Lust auf mehr. Man wird in die vornehme Berliner Familie von Schwemer eingeführt, der Vater, ein Kolonialbeamter von Togo, die Mutter Helene, eine reiche Französin, der älteste Sohn Wilhelm, gerade zum Husaren ernannt und somit für den höchsten und angesehensten Personenkreis seit Kaisergedenken prädestiniert, seine intelligente Schwester Elisabeth und noch weitere zwei Knaben runden diesen Kreis ab. Die Gesellschaften und die hohen Beziehungen der Familie werden detailreich und gleichzeitig sehr interessant präsentiert, obgleich man bereits am Anfang bemerkt, dass der Sohn Wilhelm den Mittelpunkt des Geschehens bildet. Als er kurzerhand auch noch mit Charlotte, der Tochter eines Gouverneurs, verlobt wird, scheint seine Stellung perfekt und seine Zukunft gesichert. Aber das Leben meint es anders mit ihm... .

Nach einer beschwerlichen Reise gen Afrika, um das Land und die Aufgaben seines Vaters kennen zu lernen, kehrt Wilhelm mit neuen Bildern und Emotionen wieder nach Berlin zurück..und wird kurzerhand von seiner Schwester Elisabeth an die schöne Kindheit erinnert. Das Glück erscheint in Form eines Steinchens, welches ihm ehemals eine sehr gute Freundin namens Adele schenkte, zu den Zeiten, wo die Familie von Schwemer noch Urlaub im Sommer auf dem Weingut in Lagarde gemacht hat.

Ab da beginnt eigentlich die Liebesgeschichte. Wilhelm und Adele kennen sich schon seit Kindertagen, jedoch stammen beide aus völlig verschiedenen Welten. Adele ist die Tochter eines ärmlichen, elsässichen Weinbauers, der im Buch lediglich als Printemps bezeichnet wird, und somit keine gute Partie für Wilhelm. Trotzdem brennt der Frischverlobte drauf, sie wiederzusehen, was er kurzerhand auch nachholt, indem er nach Lagarde reist, öffentlich um seiner Mutter beizustehen, deren Vater erst kürzlich verstorben ist und seine noch lebende Ehefrau langsam am Rad dreht. Dass der junge Husar eher weniger Zeit bei seiner Mutter Helene und seiner langsam verrückt werdenden Oma verbringt, war vorherzusehen.

Durch die Begegnung mit Adele flammen alte Gefühle hoch, die scheinbar nie erloschen sind und der eigentlich verlobte Wilhelm sinkt in die Arme seiner Liebsten. Doch die Beziehung wird nicht nur durch die Standesschranken gehindert, denn dem alten Printemps scheint die Beziehung der beiden Erwachsenen anfangs nicht zu gefallen. Adele gehört schon länger zu einer Gruppe von Widerstandskämpfern, die gegen die Machtwillkür der Deutschen protestieren rund um die Anektierung Elsaß-Lothringen. So erfährt Wilhelm, weshalb seine Liebste sich in eine Männerkleidung wirft und welche Spannungen überhaupt zwischen den beiden Nationen herrschen. Zuerst reagiert Wilhelm geschockt, bleibt aber bei alldem, was beide Nationen auch tun, eher neutral. Hat mir gut gefallen. Die Verliebten verbringen noch ein paar schöne Tage miteinander und dann muss Wilhelm auch schon zum Militär. Und das ist der Schnitt bzw. auch der Großteil der versprochenen Liebesbeziehung im Buch gewesen... . Leider.

Dann verliert sich der Handlungsstrang irgendwie. Man wechselt zwischen Passagen im Krieg, Passagen in Berlin und auch kleinen Abstechern nach Lagarde zur Helene und Adele, die sich, trotz dem, dass Wilhelm ja mit einer anderen Frau verlobt ist, sehr gut verstehen.
Man kann also allgemein sagen, dass die Hauptfiguren in diesem Buch eher Wilhelm und seine Schwester Elisabeth, die für Frauenrechte kämpft und äußerst gern Hosen trägt, sind und die Liebesgeschichte als kleine Würze in den Hintergrund rückt und mal hier mal da vor sich hinplätschert. Auch Mutter Helene hat ganz oft ihre Auftritte und entwickelt sich nicht wenig im Verlauf der Handlung, denn als gebürtige Französin möchte sie natürlich auch irgendwo noch ihren Stolz und ihre wirkliche Herkunft bewahren. Der Ernst des Krieges holt alle drei auf verschiedenste Art und Weise heim und doch schweisst er sie alle nur mehr zusammen. Man hat das Gefühl, dass aus steifen und übervorrangenden Personen, richtige und mitfühlende Menschen geworden sind. Wilhelms Vater taucht aber nach seiner letzten Abreise gen Afrika nicht mehr auf. Vielleicht haben die Unruhen ja damit etwas zu tun... .

Alles in allem konnte ich mich für das Buch nicht wirklich begeistern, habe es stellenweise aber wirklich sehr gern gelesen. Es war irgendwie weder Fisch noch Fleisch. Die Romantischen unter euch kommen kaum auf ihre Kosten, die politisch-geschichtlich-interessierten Leser werden das Buch lieben. Da ich eher zum letzteren Kreis tendiere würde ich für diesen Debütroman vom Herrn Flohr noch drei von fünf Sternen vergeben.

     Details zum Buch:
~ insel Taschenbuch Verlag
~ ISBN 978-3-458-35846-6
~ Preis: (D) 14,99€ (A) 15,50€ (Taschenbuch)
~ Erscheinungsdatum: 18.06.2012
~ 366 Seiten

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen