Donnerstag, 23. August 2012

[Rezension] Die andere Haut - von Carmen Schnitzer






Durch eine weitere Leserunde erreichte mich dieses kleines, aber feines Büchlein aus dem hansanord Verlag. So wenig Seiten es auch haben mag, umso tiefgründiger ist die Geschichte dahinter, muss der Leser nach und nach feststellen.

Die kleine Geschichte ist in einer sehr netten Aufmachung präsentiert. Auf dem Hochglanzumschlag zeigt sich ein Bild, welches die Autorin selbst gemalt hat. Nicht nur das zeigte alsbald, dass die Autorin und das Buch sehr eng miteinander verbunden sind... .

An sich ist die Story ganz einfach... die Protagonistin Lara hat sich in ihren Jugendjahren auf einer Reise in Ricardo, einen gutaussehenden Südamerikaner, damals ihr Tanzlehrer, verliebt und verlebt mit ihm eine Urlaubsaffäre, die nichts Ungewöhnliches ist und darstellt. Denkt Lara sich anfangs zumindest.

Einige Jahre später steht sie erneut vor ihrer Vergangeheit. Ihr Verlobter David und sie wollen vor ihrer Hochzeit einen dreiwöchigen Urlaubstrip machen, um die Freiheit nochmal zu genießen und zu spüren, bevor die Fesseln der konventionellen Beziehung sie an sich binden. Das Besondere an dieser Reise ist, dass die Partner beide in verschiedene Länder reisen.. und dass Lara in das Land fliegt, wo sie in Vergangenheit Ricardo getroffen hat... .

Carmen Schnitzer zeichnet hier ein ungewöhnliches Bild einer Frau, jenseits aller Konventionen und Moralvorstellungen. Sie zeigt, wie vielseitig und geheimnisvoll und vorallem tabulos die Liebe sein kann... und auf welche Arten und Weisen man einander (und auch miteinander) lieben kann. Laras Weg führt über viele Stationen, in denen sie reift und nach und nach lernt, wer sie eigentlich ist und was sie auf dieser Welt hält und möchte. Durchbrochen von einigen überraschenden Meilensteinen begleitet der Leser diese ungewöhnliche Frau auf ihrer Treppe zur Selbstfindung und findet (absichtlich oder auch gegenteilig) einige Denkanstösse auch für sich selbst. Munitiös zeichnet die Autorin die Unterschiede zwischen körperlicher und geistiger Liebe, Sehnsucht und Verlangen, Moral und Treue und lässt den Leser, von Anfang an, an den Gedanken und Monologen der Protagonistin teilhaben.

Fazit: Ein kleines Stück Verdorbenheit, viel Freiheit und Schmetterlingsflügel ;-)


Ich vergebe für dieses Leseerlebnis vier von fünf Sternen.

Samstag, 18. August 2012

[Rezension] Schattenspieler - von Michael Römling






Durch eine Leserunde bei lovelybooks.de bin ich auf dieses wunderbare Buch gestossen und war insgesamt nicht nur von der Aufmachung ziemlich begeistert.

Das Buch ist mit viel Liebe gestaltet...  der Hardcoverumschlag trägt die Karte Berlins, auf der mit einem roten Stift ein Weg eingezeichnet ist... und um das Buch selbst ist ein durchsichtiger Umschlag, sodass man hinter der kleinen Jungensilhouette auf die Karte blicken kann. Der Leser dieses Buches wird den Sinn bald nachvollziehen können... :-)

Die Geschichte spielt im Jahre 1945, kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Man lernt den kleinen jüdischen Jungen Leo kennen, der sich, als sog. U-Boot, vor den Nazis, die jeden einsacken, der noch scheint eine Waffe tragen zu können, versteckt... außerdem blitzt auf seiner Kleidung der Davidstern. An Leos Seite ist Wilhelm, ein Kunsthistoriker und auch extremer Kunstfanatiker, der dem kleinen Jungen das Leben gerettet hat, denn Leos Eltern scheinen es nicht geschafft zu haben, sich vor den Nazis zu verstecken. Als die Russen kurz vor Berlin stehen und eine Bombardierung von oben stattfindet, entkommt Leo knapp dem Tode, als ein Balken sich löst und auf ihn zurast. Als alles vorbei ist, ist Wilhelm verschwunden... ohne ein einziges Zeichen hinterlassen zu haben... .

Die zweite Geschichte ist die von Friedrich, einem erwachsenerem jungen Mann, der sein Leben dem zu verdanken hat, dass er sich taub stellt und dies durch einen gefälschten Ausweis vorzeigen kann. Er ist ein Deutscher, bewohnt mit seiner Mutter und seiner blinden Schwester Marlene ein Villenviertel, welches bisher vom Krieg und Bomben größtenteils verschont worden ist. Als er auf die Spuren seines verschwundenen Vaters kommt, muss er sich einfach raustrauen und den Geschichten nachgehen, die ihm seine Mutter unter Tränen erzählt hat. Dass er dabei erwischt werden könnte, stört den Jugendlichen nicht.

Sommerbier, ein Altnazi und Verbrecher (logisch), transportiert angespannt eine Ladung von 28 Kisten auf einem Wagen... niemand darf erfahren, was sich darin befindet und jeder, der sich einmischt und in Mitwissenschaft gezogen wird... wird ermordet. Als die Sache nun heikel wird, versteckt Sommerbier den geheimnisvollen Schatz in einer Möbelfabrik und muss untertauchen, bis er sich in die engsten Kreise der Offiziere einschleicht, um den Russen auf die Schliche zu kommen. Jedoch hat er etwas ganz Wichtiges übersehen... Leo und Friedrich sind ihm auf der Spur, denn sie haben das Blut an Sommerbiers Händen gerochen... .

Insgesamt eine doch ziemlich verwobene, jedoch wunderbare Geschichte. Bei keinem Buch waren mir (fast) alle Charaktere so sympathisch wie hier. Raffinierte und liebenswürdige Gestalten vermischt mit (Nach)Kriegsalltag und der ständigen Angst ums Überleben, denn die Gewalt ist nach dem Selbstmord des Führers noch lange nicht vorbei... .
Der Schreibstil ist leicht, jedoch ist die gesamte Geschichte gespickt mit wunderbaren Weisheiten und Äußerungen... bei denen man nicht immer schmunzeln muss.Wer dies liest, muss unbedingt ein Zettelchen daneben liegen haben zum Festhalten dieser wunderbaren Sätze.
Die gesamte Geschichte ist in angenehm lange Kapitel gegliedert, sodass man nicht wirklich merkt, wie die Seiten dahinfliegen... und es ist wirklich durchgehen Spannung vorhanden... und der Schluss setzt dem Ganzen noch ein Krönchen auf... ;)

Mein Fazit: Wer das Buch nicht liest, verpasst etwas!




Donnerstag, 2. August 2012

[Rezension] Die Vermessung der Welt - von Daniel Kehlmann








Lange, lange ist es her, als ich das Buch damals noch im schulischen Literaturcafe von meiner Geschichtslehrerin empfohlen bekommen habe... ich sollte es doch unbedingt lesen, es sei so herrlich. Richtig wieder drauf gekommen bin ich seit dem kursierenden Trailer zur Verfilmung ebendiesen Buches und da der Film toll zu werden verspricht, habe ich mir natürlich dieses Buch gekauft und mich voller Euphorie drauf gestürzt. Und ich war bisschen enttäuscht...

Geschildert werden, wie im Klappentext angekündigt, die Abenteuer zweier damaligen (bzw. auch noch im Nachlass heutigen) Genies... Alexander von Humboldt, der mit seinem Gehilfen Bonpland die Welt bereist und auch in kleinste und versteckteste Winkel kriecht... und Carl Friedrich Gauß, ein Mathegenie, dessen Leben irgendwie nicht wirklich anlaufen will.
Die Geschichten werden im Wechsel erzählt. Man beginnt mit Gauß, der, schenke man dem Autor Glauben, ein ziemlicher Miesepeter war. Überall etwas auszusetzen, nichts kann bequem, leise und gemütlich genug sein... man lernt ihn also als Meckerziege deluxe kennen und ist auch ziemlich schnell von seiner Prinzessinnenart genervt, wenn da nicht seine Sternstunden wären, in denen er alles unterbricht (auch mal den Geschlechtsverkehr) um die in ihm aufkeimenden Gedanken und Berechnungen aufzuschreiben. Er ist also ständig in seiner großen mathematischen Welt versunken, stellt Vermutungen an und rechnet unaufhörlich. Parallel zu seinem Genietum, hängt er sehr an seiner älter werdenden Mutter, der Bequemlichkeit und seiner Hure Nina, wegen der er sogar Russisch erlernen wollte. Alles in allem, ein sehr lustiger Zug. Neben seinen Forschungen und der Schreibarbeit, macht Gauß seine ständige Armut und die Abhängigkeit von Gönnern, wie dem Herzog, zu schaffen. Nicht gerade die optimalsten Bedingungen, um groß rauszukommen, vor allem nicht, wenn man dazu auch noch so missratene Kinder hat, wie sein Sohn Eugen.

Humboldt dagegen scheint keines dieser Probleme zu teilen. Er macht mit seinem Helfer Bonpland zuerst eine Expedition in die Tropen, wo seine Sorgen sich eher auf die Masse an Moskitos und menschenfressende Stämme beschränken... im Gegensatz zu Bonpland, der eher ein Auffangbecken für Krankheiten und einheimische Frauen ist, beschäftigt sich Humboldt mit Allem, was ihm begegnet... Pflanzen, Tiere, Menschen...alles muss, soweit möglich, gesammelt, gepflückt, gezeichnet und botanisiert werden.... alles ist zu dokumentieren und an seinen älteren Bruder zu schicken, der dieses veröffentlichen soll. Diese Geschäftigkeit und die Art sich wirklich für alles zu begeistern, machte mir Humboldt zeitweise ziemlich sympathisch... er war von der Art das ziemliche Gegenteil von Gauß... Humboldt beklagte sich nicht (außer, es war wirklich etwas Schlimmes), er war Feuer und Flamme für seine Ziele und Entdeckungen..auch wenn man dafür in dunkelste und unbekannteste Höhlen kriechen musste, bewaffnet mit nichts außer dem eigenen Verstand, ein paar schwachen Fackeln und Führern, die sich nicht mal wirklich auskannten... .

Geschichtlich gesehen ist dieses Buch nicht ganz uninteressant. Man lernt die damaligen Lebensumstände kennen, die Art, wie Forscher und Genies um ihren Ruf zu kämpfen hatten... nebenbei wird etwas über Revolution erzählt... und natürlich dürfen lange Abhandlungen über dies und das nicht fehlen, wie z.B. über den gekrümmten kosmischen Raum etc. *seufz*

Alles in allem, war dieser Roman eine doch interessante Leseerfahrung, zumal man nun eine Vorstellung hat, wie man damals Wissenschaft betrieben hat und dass jeder, egal ob Genie oder eher nicht, seine Fehlerchen und Spleens hatte. Jedoch wurde mir persönlich das Buch zu sehr hochgelobt... was es am Ende nicht halten konnte. Da ich aber geschichtlich sehr interessiert bin und über die eine und andere Stelle schmunzeln musste, vergebe ich für dieses Werk noch drei von fünf Sternen.


 
       Details zum Buch:
~ Rowohlt Taschenbuch Verlag
~ ISBN 978-3-499-24100-0
~ Preis: (D) 9,95€ (Taschenbuch)
~ Erscheinungsdatum: 23.09.2005
~ 302 Seiten


Mittwoch, 1. August 2012

[Rezension] Ohne ein Wort - von Linwood Barclay







Es ist schon ein Weilcher her, als ich ein Buch des (für mich besten) Psychothrillerautors gelesen habe. Das letzte Buch hat mich fast wirklich stellenweise paranoid werden lassen... und solches Ergebnis erhoffte ich mir nun auch von diesem Thriller.

Die Story erscheint zunächst ganz einfach. Die junge Cynthia bändelt eines Abends mit einem sog. Vince Fleming an, dem Sohn eines Hochkriminellen. Als er ihr sein Messer zeigt und ihr mehr und mehr Alkohol einflößt, scheint die kommende Rettung gelungen, als Cynthias Vater Clayton, mit seinem albernen Filzhut, die Autotür aufreißt und seine Tochter aus dem Auto zieht. Dieser scheint der peinliche Auftritt ihres Alten nun zu reichen, und als beide zu Hause ankommen, stolpert die betrunkene Teenagerin nurnoch in ihr Schlafzimmer, "Ich wollte ihr wärt tot!" brüllend. Dann ist alles auf einmal ruhig und die Betrunkene verfällt in einen rauschartigen Schlaf.

Der nächste Morgen ist extrem ungemütlich. Nicht nur, weil Cynthia einen extremen Kater hat und ihr Zimmer vollspeiht, nein auch von ihrer Familie fehlt jede Spur. Das ganze Haus ist wie ausgestorben, die Betten gemacht, die Küche sauber... es sind keine Zeichen sichtbar, dass irgendjemand eingebrochen war oder die Familie plötzlich verreist ist. Auch auf eine Notiz hofft Cynthia vergebens. Ihre Eltern und ihr Bruder Todd sind verschwunden. Spurlos.

Erst 25 Jahre später keimt die Geschichte wieder auf. Cynthia ist erwachsen, mit Terry Archer verheiratet ( aus dessen Perspektive die Geschichte nun berichtet wird) und hat eine süße Tochter namens Grace. Nichts scheint den Familienfrieden trüben zu können, bevor Cynthia sich entschließt mit ihrer Geschichte ins Fernsehen zu kommen, um Klarheit in die Sache zu bringen und in der stillen Hoffnung, dass sich jemand meldet, der etwas von ihren verschwundenen Eltern weiß. Fehlanzeige. Nach der gedrehten Sendung melden sich nur Verrückte und Scharlatane und Cynthia gerät in den Kreis des Spottes, da sie immernoch dran glaubt, dass ihre Eltern leben, denn von der Öffentlichkeit wird Cynthias verschwundene Famlie totgeglaubt.
Jedoch tauchen nach und nach Zeichen aus Cynthias vergangenem Familienleben auf... Claytons Filzhut liegt eines Tages auf dem Küchentisch, es gehen unheimliche, anonyme Anrufe und E-Mails ein, seltsame Schreiben erreichen den Postkasten, ein brauner Wagen mit getönten Scheiben verfolgt Cynthia und ihre Tochter Grace auf dem Schulweg... und Cynthia glaubt auf einmal ihren Bruder Todd in einer Einkaufsmeile zu sehen... .

Vollkommen von ihrem Wahn engenommen, entschließt sich Cynthia nun der Sache richtig auf den Grund zu gehen und beauftragt einen Privatdetektiv, damit dieser Nachforschungen über ihren Vater anstellt. Doch dieser kann überraschenderweise nichts sagen... weder bei der Kfz Meldestelle noch bei der Krankenkasse ist der Name Clayton Bigge zu finden... Hat dieser Mann je existiert?
Nebenbei spielt Tante Tess, bei der die junge Cynthia nach dem Verschwinden ihrer Familie gelebt hat, Cynthias Mann Terry geheime Informationen zu. Jemand soll ihr regelmäßig Geld für Cynthias Studium zugesandt haben, jedoch dürfte sie keinem etwas davon erzählen. Die Summe belief sich auf circa 42 Tausend Dollar.
Bevor Terry soweit ist, um seiner Frau von dem Geld und den geheimnisvollen Umschlägen zu berichten, liegt Tante Tess eines Abends blutüberströmt auf ihrem Küchenboden. Jemand hat sie hinterrücks mit einem Messer erstochen.Auch vom Privatdetektiv fehlt auf einmal jede Spur... und als Cynthia mit der gemeinsamen Tochter Grace auch plötzlich verschwindet, sieht Terry sich genötigt, ihren damaligen Jugendfreund Vince aufzusuchen. Dieser ist der Berufung seines Vaters gefolgt und selbst ein Krimineller, mit einer Unmenge Schlägertypen umringt und mit einer großen Berufserfahrung gesegnet. Doch auch dieser Mann reicht nicht, um es mit dem gnadenlosen Mörder aufzunehmen, denn auf einmal liegt auch Vince in einer Blutlache... .

Sind Cynthias Eltern auch von diesem Mörder getötet worden? Hat Cynthias Vater je existiert und wenn ja, welches Scheinleben scheint er geführt zu haben, da er mit seinem richtigen Namen nirgends aufzufinden ist... und wieso richtet Cynthias Bruder Todd auf einmal den Lauf einer Waffe auf Terry?

Äußerlich scheint die Geschichte ein ziemliches Hin und Her zu sein, ist jedoch in Wahrheit ziemlich geordnet und gut nachvollziehbar. Zwischen den Kapiteln befinden sich manchmal kursiv gedruckte Dialoge von den "Bösen", die etwas mit Cynthias Schicksal zu tun haben und dies fordert nicht wenig Spannungssteigerung. Insgesamt war die Geschichte sehr spannend, weniger Psychothriller als Krimi, geschrieben in einer einfachen und alltäglichen Sprache und eine verwobene Familiengeschichte schildernd.
Für dieses Buch vergebe ich vier von fünf Sternen.

       Details zum Buch:
~ ullstein Taschenbuch Verlag
~ ISBN 978-3-548-26743-2
~ Preis: (D) 8,95€ (A) 9,20€ (Taschenbuch)
~ Erscheinungsdatum: 01.07.2007
~ 492 Seiten